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Mit Nanotechnologie gegen Krebs?

Im Jahr 2000 war die Therapie von Krebs mit Nanoteilchen noch etwas wie „Zukunftsmusik“, wie ein entsprechender Beitrag[1] vom „Spiegel“ zeigte. Der Spiegel-Beitrag sprach von der Absicht, Nanopartikel aus Eisenoxid einem malignen Tumor zuzuführen und dann über die Bestrahlung mit einem Magnetfeld das Eisenoxid so aufzuheizen, dass die Krebszellen von diesem künstlichen „Fieber“ vernichtet werden. Die Frage nach den möglichen Nebenwirkungen wird auch gleich mit beantwortet: „Die Nanopartikel werden ausgeschieden und über den normalen Stoffwechsel abgebaut.

Unbeantwortet bleibt allerdings die Frage, wieso Nanopartikel sich ausgerechnet in Krebszellen anreichern und gesunde Zellen nicht penetrieren?

Und es bleibt auch die Frage offen, wie die im Organismus befindlichen Nanopartikel ausgeschieden und vom Stoffwechsel abgebaut werden, vor allem wenn sich diese Partikel in den Zellen befinden?

Ich bin mir auch nicht sicher, ob Nanopartikel vom Stoffwechsel verarbeitet werden können, da diese für den Stoffwechsel keine Bedeutung haben. Denn Stoffwechsel bedeutet Metabolisierung. Daher die Frage: Kann der Stoffwechsel Nanopartikel metabolisieren? Wenn ja, welche metabolischen Zwischen- und Endprodukte erhalten wir dann?

Von Eisen zu Gold

Heute scheint man sich bei der Behandlung von Krebs durch die Nanotechnologie mehr auf Gold eingeschossen zu haben. Ein Beitrag[2] von 2017 in PubMed beschreibt die Vorzüge. Wir erfahren hier einige interessante Fakten. Zum Beispiel sind Nanopartikel zwischen 100 und 10.000 mal kleiner als eine Körperzelle. Sie haben die ungefähre Größe von Enzymen und Rezeptoren.

Hämoglobin zum Beispiel hat einen Durchmesser von fünf Nanometer. Nanopartikel, die kleiner als 50 Nanometer sind, sind leicht in der Lage, die meisten Zellarten zu penetrieren. Partikel <20 Nanometer können aus den Blutgefäßen problemlos entweichen und durch den gesamten Organismus kreisen. Darum gehen die Autoren davon aus, dass der leichte Zugang zu fast allen Bereichen des Organismus hier die Chance bietet, Erkrankungen zu diagnostizieren und problemlos Medikamente auch in unzulängliche Bereiche des Organismus zu transportieren.

Die Nanopartikel gelangen durch zwei Mechanismen in den Tumor:

Passive Akkumulation und aktives Tumor Targeting.

Bei der passiven Akkumulation macht man sich die Tatsache zunutze, dass das überschnelle Wachstum der Tumore mit großen Poren im Tumorgewebe und den dazu notwendigen Blutgefäßen einhergeht, durch die selbst größere Nanopartikel problemlos übergehen können. Da Tumorgewebe kein lymphatisches Entsorgungssystem haben, kommt es hier zu einer Akkumulation dieser Nanopartikel. Über diese Nanopartikel werden dann die entsprechenden Medikamente zugeführt, die zum Untergang der Krebszellen führen sollen.

Das aktive Targeting dagegen soll die Nachteile der passiven Akkumulation umgehen, die im Wesentlichen darin bestehen, dass einige Behandlungen auf einer Aktivierung der zugeführten Substanzen in der Zelle beruhen, die durch die passive Akkumulation nicht erfolgt. Und auch die Akkumulation selbst ist von Zelltyp zu Zelltypen und von Patient zu Patient unterschiedlich stark ausgeprägt.

Wie dieses direkte Targeting genau aussieht, bleibt der Beitrag dem Leser schuldig. Man spricht hier nur von der „Therapie der nächsten Generation“ und von einer Modifikation der Oberfläche der Nanopartikel mit kleinen Molekülen, Antikörpern, Peptiden etc.

Warum Gold?

„Medical News Today“[3] vom Dezember 2018 erklärt die Therapie mit Gold-Nanopartikeln. Wir erfahren hier, dass in einer Studie (ohne Quellenangabe) Nanopartikel aus Siliciumdioxid in Form einer Kugel verwendet wurden. Jede dieser Miniaturkugeln war mit einer dünnen Schicht Gold bedeckt. Durch passive Akkumulation penetrierten diese Gold-Nanopartikel die Krebszellen (in diesem Fall Prostatakrebszellen). Über eine Strahlenbehandlung mit Laser wurde das Gold erhitzt, was einen ähnlichen Effekt ausübt wie weiter oben bei den Eisen-Nanopartikel beschrieben.

Diese Behandlung soll angeblich gesundes, benachbartes Gewebe unbeeinflusst lassen. Und als weiterer Vorteil wird angepriesen, dass eine Reihe von „üblichen Nebenwirkungen der Prostatakrebstherapie, wie Harninkontinenz und Impotenz“ vermieden werden. In diesem Zusammenhang ist es interessant zu erfahren, dass die bislang so hoch gelobte Chemotherapie dann doch auf einmal „übliche Nebenwirkungen“ hat, von denen wir erst etwas erfahren, wenn es gilt, ein neues Therapieverfahren zu bejubeln.

„Science Daily“[4] vom August 2016 berichtet über eine diesbezügliche Studie mit Mäusen, die auf die soeben beschriebene Art und Weise mit Gold-Nanopartikeln beziehungsweise mit Gold beschichteten Glas-Nanopartikeln behandelt wurden. Die besten Therapieerfolge bei den Mäusen wurden bei einer Nanopartikel-Größe von 150 Nanometern Gold beschichteter Glas-Nanopartikel gesehen.

Warum Gold-Nanopartikel sicher sein sollen

Im August 2019 erschien ein Beitrag bei „Science Daily“[5], der die Behandlung von Prostatakrebs mit Gold-Nanopartikel als sicher und effektiv anpries.

Auch hier wird wieder Bezug auf eine Studie genommen, die dies angeblich hat zeigen können. Das Original der Veröffentlichung habe ich leider nicht finden können. Wie es ausschaut, handelt es sich hier um ein patentiertes Produkt/Therapie, die an der „Icahn School of Medicine at Mount Sinai“ entwickelt wurde. Teilnehmer waren 16 Männer zwischen 58 und 79 Jahren mit leichten bis mittelschweren Formen von Prostatakrebs. Die Erfolgsrate lag bei 87,5 % bei der Nachuntersuchung nach einem Jahr. Zur Frage der Nebenwirkungen gab es nur den lapidaren Satz, dass es nur „minimale Nebenwirkungen“ gegeben hatte.

Es bleibt abzuwarten, ob Studien von unabhängigen Instituten zu ähnlichen Resultaten kommen.

Was wir zu Nanopartikel bislang wissen

Ich hatte bereits eine Reihe von Beiträgen verfasst, die sich mit dem Thema „Nanopartikel“ beschäftigt hatten:

Keine Alternative als Nanopartikel bei Krebs?

Selbstverständlich wird diese neue Therapie-„Alternative“ so dargestellt, als wäre sie alternativlos. Man geht hier sogar soweit, dass man die hochgelobte Chemotherapie plötzlich in einem relativ schlechten Licht darstellt, um die Krebstherapie mit Nanopartikeln umso strahlender erscheinen zu lassen. Man könnte glatt den Eindruck gewinnen, dass die Menschen an Krebs erkranken, weil sie nicht genug Gold-Nanopartikel im Organismus beherbergen. Denn mit Gold wäre das nicht passiert, oder?

Aber Krebs hat andere Ursachen als den Mangel an Gold-Nanopartikeln und/oder Zytostatika. Diesen Ursachen bin ich ebenfalls in meinen Beiträgen nachgegangen:

Fazit

Das wahre Gold gegen Krebs ist eine Ursachen vermeidende Prophylaxe und nicht eine Gold-Nanopartikel-Therapie.

Fazit vom Fazit: Was tun, wenn es zu spät ist? Der erste Schritt: Die Vermeidung aller Ursachen, die zur Erkrankung geführt haben. Denn ohne das, ist auch eine Gold-Nanopartikel-Therapie nur Makulatur.

 

Quellen:

[1]     Neue Krebstherapie: Mit Nanoteilchen gegen Tumore – DER SPIEGEL

[2]     Benefits of Nanotechnology for Cancer – National Cancer Institute

[3]     Gold nanoparticles could destroy prostate cancer

[4]     Gentle cancer treatment using nanoparticles works — ScienceDaily

[5]     Gold nanoparticles shown to be safe and effective treatment for prostate cancer — ScienceDaily

Beitragsbild: fotolia.com – crevis